Landauer Sammlung Siebenbürgen (LaSSi)

Basisinfo Projekt LaSSi

Das Landauer Digitalisierungsprojekt ist aus mehreren Säulen entstanden. Zum einen verfügt die Universitätsbibliothek (UB) in Landau bereits sehr lange über Altbestände, die aus mehreren aufgelösten bzw. überführten Institutionen stammen. Diese Bestände sind zum großen Teil noch nicht erschlossen, die Zugänglichmachung ist schwierig und sie binden eine große Fläche im Magazin, welche für neuere Bestände benötigt wird. Eine materielle Erhaltung wäre nur für einen sehr kleinen Teil der Altbestände dauerhaft erforderlich.

Im Hinblick auf mögliche Lösungen hat die UB in Landau im Jahre 2016 eine Studie in Auftrag gegeben, welche ein „Konzept zur Digitalisierung der Altbestände“ skizzieren sollte. Hier wurden grundlegende Parameter zusammengestellt, an welchen sich ein künftiges Digitalisierungsprojekt orientieren sollte.

Zum anderen hat die UB in Landau zusätzlich einen Sonderbestand aufgenommen, der zum Jahreswechsel 2017/18 auf Initiative des Fachbereichs Kultur- und Sozialwissenschaften aus Siebenbürgen nach Landau überführt worden ist. Bei diesem Bestand handelt es sich um eine in vielen Jahrzehnten zusammengewachsene Siebenbürgische Pfarrhaus- und Kirchenbibliothek, welche sowohl als Sammlung in sich und mit ihren speziellen Buch- und Lesespuren erhalten werden soll, um sie für die Forschung nutzbar zu halten. Diese Akquise hat das bereits genannte Platz- und Erschließungsproblem allerdings nochmals verschärft. Außerdem enthält die Sammlung einen Teilbestand, der im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung an das Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der LMU München (IKGS) übergeben werden soll, was einen Zusammenhalt der Sammlung potentiell erschwert.

Der Zugang der „Sammlung Siebenbürgen“ gab letztlich den Ausschlag, nun alle Möglichkeiten auszuschöpfen, diesen Bestand zu digitalisieren, um die Erfordernisse der Forschung erfüllen zu können, gleichzeitig aber eine geeignete Lösung für den nicht ausbaubaren Speicherplatz in der Bibliothek zu finden. Die Universität Koblenz-Landau hatte in diesem Zusammenhang die Möglichkeit geschaffen, befristete Personalstellen für ein entsprechendes Digitalisierungsprojekt zur Verfügung zu stellen. Daraufhin konnte die UB in Landau einen Projektantrag erarbeiten, der auf Basis der 2016er Studie eine geeignete Umsetzung der Digitalisierung möglichst vieler Materialien ermöglicht. Da insbesondere urheberrechtliche Schranken zwangsläufig Einschränkungen vorgeben, werden Teile des Bestands (zunächst) nicht digitalisiert; außerdem werden besonders wertvolle Einzelstücke ebenfalls erhalten. 

Da die „Sammlung Siebenbürgen“ das Pilotmaterial für das Digitalisierungsprojekt darstellt, wurde der Projektname LaSSi ausgewählt (aus: Landauer Sammlung Siebenbürgen).

Forschungsinteressen

Die über viele Jahrzehnte gewachsene Sammlung der Bibliothek eines Pfarrhauses in der evangelischen Diaspora Siebenbürgens und damit zugleich einer siebenbürgisch-sächsischen Multiplikationszentrale deutscher Kultur und Wissenschaft bietet auf mehrfache Weise Material und Stoff für theologisch-historische Forschungsarbeiten. 

Folgende Fragestellungen könnten dabei beispielhaft von Interesse sein:

Kultur- und Kirchengeschichte

  • Entwicklung des deutschen Pfarrhauses von der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts bis nach der Revolution in Rumänien 1989
  • Rolle des Pfarrhauses bzw. der Kirchenbibliothek als lokales und regionales wissenschaftliches Kultur- und Geisteszentrum
  • (unterstützendes Material zu) Aktivitäten und Schwerpunkten der Praktischen Theologie (zum Beispiel Homiletik, Kasualien, Seelsorge, Kybernetik und Katechetik) in Siebenbürgen
  • Minderheitensprachliche Aspekte

Bibliotheks- und Provenienzforschung

  • Zusammensetzung und Entwicklung der Pfarrhausbibliothek in verschiedenen geschichtlichen Epochen (K.u.K.-Monarchie, Königreich Rumänien, Sozialistische Republik)
  • Provenienzen, zugewachsene Spenden und Sammlungsschwerpunkte
  • Lebenslinien im Sammlungszusammenhang
  • Materialarten und Besonderheiten

Das Material selbst (Bücher, Einzeldrucke, Periodika, Hefte und Karten) stellt in seiner Gesamtheit an sich keinen außergewöhnlich hohen intrinsischen Wert dar, da viele der Bücher und Periodika nicht unbedingt selten in Altbeständen nachweisbar sind. Dennoch befinden sich eine Reihe von Einzelstücken darunter, die in europäischen Katalogen teilweise nur ein einziges Mal nachgewiesen sind. Ihre Digitalisierung erfüllt eine wichtige Lückenergänzung für die internationale Forschung.

Den eigentlichen Wert erhält die Sammlung allerdings hauptsächlich durch die zahlreichen Provenienzmerkmale, die sich durch die vielfältigen Zusatzmaterialien, Bearbeitungs-, Widmungs- und Lesespuren ergeben. Speziell der letztgenannte Bereich ist in jüngster Zeit durch verschiedene bedeutende Projekte in den Focus gerückt. Im Rahmen des Projekts werden diese Merkmale sämtlich erfasst und verzeichnet sowie, soweit urheberrechtlich möglich, über die Digitalisate öffentlich zugänglich gemacht. 

Es handelt sich um eine gewachsene Sammlung. Ursprünglich eine Pfarrhausbibliothek des Pfarrergeschlechts Schullerus, kam nach dem Tod des Altbischofs D. Friedrich Müller (1884-1969) auch dessen große, wissenschaftliche Bibliothek hinzu. Müller war als Direktor der Lehrerinnen-Bildungsanstalt in Schäßburg seit 1917 tätig, wurde im Jahr 1922 zum landeskirchlichen Schulrat berufen und war Hauptpfarrer der 24.000 Gemeindeglieder zählenden Stadtpfarrgemeinde in Hermannstadt (rum. Sibiu), bevor er 1945 zum Bischof der Landeskirche mit Sitz in Hermannstadt gewählt wurde und bis zu seinem Tode 1969 als solcher amtierte. Ein wesentlicher Teil der Bibliotheks-Sammlung entstammt dessen Nachlass.

Bestandsdaten

Die Sammlung besteht aus insgesamt rund 7.800 einzelnen Medien. Dazu zählen nahezu alle Arten von gedruckten Medien: Bücher (Monografien), Sammelbände, Zeitschriftenhefte und gebundene Zeitschriften sowie einzelne Sondermaterialien wie geografische Karten. Die ältesten Werke stammen aus der Zeit um 1800.

  • 1800 bis 1850: etwas über 100 Exemplare
  • 1850 bis 1900: über 500 Medienexemplare
  • 1900 bis 1945: etwa 2.500 Exemplare
  • 1945 bis Anfang der 2000er Jahre: etwa 4.600 Exemplare

Für die Überstellung an das IKGS sind etwas mehr als 2.000 Exemplare der unterschiedlichsten Erscheinungsjahre und Medienarten vorgesehen.

Der Vollständigkeitsgrad der Sammlung ist im Bereich der Fortsetzungswerke und Zeitschriften sehr unterschiedlich. Lexika sind zumeist komplett im Bestand, während Zeitschriften vergleichsweise selten vollständig vertreten sind; hier sind zumeist nur einzelne Hefte oder diverse Jahrgänge gesammelt worden oder erhalten geblieben. Unter den Medien findet sich insgesamt ein überdurchschnittlich großer Anteil an Sonderdrucken, gesammelten Auszügen, Typoskripten und Unveröffentlichtem.

Entsprechend der Prägung der Sammlung als ein deutsches Kulturzentrum Siebenbürgens in Rumänien besteht der Großteil des Materials aus Veröffentlichungen in deutscher Sprache. Unter den älteren Publikationen ist ein kleinerer Teil in lateinischer Sprache vertreten. Größter nicht-deutscher Sprachanteil bildet erwartungsgemäß Rumänisch, wobei hier ein Großteil der betreffenden Veröffentlichungen auf die Zeit nach 1945 entfällt. Demgegenüber ist ein nicht allzu großer, aber nicht unwichtiger Anteil von Medien in ungarischer Sprache zu nennen, dessen Schwerpunkt wiederum in die Zeit vor 1920 fällt.

Im vereinigten Rumänien, zu dem auch die Bukowina, Bessarabien und die Süddobrudscha angegliedert wurden, schlossen sich evangelisch-deutschen Gemeinden an die siebenbürgische Landeskirche an. Diese das gesamte rumänische Territorium umfassende Institution wurde „Evangelische Landeskirche A. B. [Augsburger Bekenntnisses] in Rumänien“ benannt, deren Amtssprache Deutsch blieb, die Landessprache Rumänisch in der Korrespondenz mit staatlichen Behörden allerdings vorgegeben war.